In den Achtzigern hatte ich eine Stammkneipe. Sie hieß „Shepherd’s“ und war mit einer geschwungenen, hölzernen Bar und gemütlichen Sitzecken ausgestattet. Man kannte sich und traf sich zum Reden, Trinken, Rauchen (ja, damals habe auch ich noch geraucht), zum Flirten und Diskutieren.
Ich erinnere mich an eine Geschichte, die mir eine Freundin damals erzählte:
Ein Mann, einige Jährchen älter als sie, der irgendetwas mit Mode zu tun hatte, erzählte, er habe immer eine Auswahl Kleidungsstücke zu Hause und er wolle ihr etwas schenken.
„Wir fahren zu mir, Du suchst Dir etwas aus und ich bringe Dich wieder hierher zurück.“
Gesagt, getan.
In kurzer Zeit waren Hosen, Röcke, Shirts, Blusen und Pullis auf Sofa und Sesseln ausgebreitet und natürlich fand sie mehr als ein Kleidungsstück, die ihr gefielen. Ausgemacht war aber nur ein Geschenk. Dumm gelaufen. Da sagte er:
„Wenn Du ein bisschen nett zu mir bist, kannst Du so viele Klamotten mitnehmen, wie Du willst.“
Bei jenem Erlebnis ging es „nur“ um Klamotten. Was ist aber, wenn es um einen Job geht? Um die Karriere? Um eine Hauptrolle?
Wie weit ist eine Bewerberin bereit zu gehen, um zu bekommen, was sie will? (Ich spreche hier absichtlich nur von Frauen, da es um den heutigen Internationalen Frauentag geht.)
Es gibt Frauen, die bewusst ihren Körper einsetzen, um ein gestecktes Ziel zu erreichen. Ja, so etwas gibt es. Ich kenne jemanden, der genau dies gemacht hat und ich mache hier niemanden einen Vorwurf, solange es freiwillig geschieht.
Doch die wirkliche Gefahr ist, dass derjenige, der den Job oder die Rolle vergibt, Macht hat über den, der den Job haben will. Die Versuchung ist hier groß, ein Geschenk anzunehmen, wie auch immer dieses Geschenk aussieht.
Und noch schlimmer wird es, wenn diese Macht ausgenutzt wird, wenn der „Mächtige“ gar glaubt, dass ihm im Austausch für sein Wohlwollen alles zustünde, wonach ihm der Sinn steht.
Macht ist eine Droge. Wer einmal davon gekostet hat, kommt nie wieder davon los!
Die #metoo – Diskussion hat in den letzten Monaten gezeigt, dass diese Praxis der erzwungenen Gefälligkeiten wohl besonders in der Film- und Medienbranche gang und gäbe ist. Warum wohl? Liegt es an der Glitzerwelt, an der so viele einen Anteil haben möchten? Liegt es an den Träumen von Reichtum und Berühmtheit, den Wünschen nach einem Leben mit Partys in angesagten Clubs, Urlaub auf Luxusjachten und coolen, gutaussehenden Freunden mit schnittigen Sportwagen?
Auch in meinen Romanen habe ich dieses Thema mehrfach aufgegriffen. In „Mauern um Dein Herz“ bin ich einigen Fragen nachgegangen – übrigens bereits 2013, lange, bevor die erste Schauspielerin sich outete.
Wie weit kann eine Frau kommen, die sich mit Sex einen Job oder eine Stellung zu erkaufen bereit ist?
Wie fühlt sich die Konkurrentin, wenn die andere wegen ihres aufreizenden Körpers und nicht wegen ihres Könnens bevorzugt wird?
Welchen Schaden kann eine Frau anrichten, wenn sie nicht bekommt, was sie will? Wenn jemand ihre Pläne durchkreuzt?
Ich bin keine Psychologin oder Psychotherapeutin. Ich habe die Themen „krankhafter Ehrgeiz, Egoismus und Machtmissbrauch“ lediglich schriftstellerisch verarbeitet. Wenn Du an meinen Antworten interessiert bist, dann kommst Du mit diesem Link direkt zu Amazon und zu meinem Buch.
Mir blutet das Herz, wenn ich daran denke, wie viele Frauen ausgenutzt wurden, nur weil sie ihrem Lebenstraum ein Stückchen näherkommen wollten! Und ich frage mich voll Schmerz, warum wir Frauen so lange geschwiegen haben? Warum haben wir uns das so lange bieten lassen?
Männer, die eine Situation ausnutzen und ihre Macht ausspielen, haben keinen Respekt gegenüber ihren Mitmenschen! Ich betone auch hier, dass es selbstverständlich auch Frauen gibt, die ihre Macht missbrauchen, aber wir reden heute vom „Frauentag“ und der Lage der Frauen in unserer Gesellschaft.
Nach meiner Erfahrung gibt es besonders in Branchen, die von Männern dominiert werden, diesen Machtmissbrauch gegenüber Frauen. Sie werden klein gehalten und bekommen nicht einmal die Möglichkeit, ihr Können zu zeigen. Was für eine himmelschreiende Ungerechtigkeit!
Deshalb müssen wir Frauen diesen Teufelskreis durchbrechen! Wir müssen selbst aktiv werden, denn niemand anderes wird das für uns tun.
Aber wie?
Ganz einfach: Wir müssen lernen, Nein zu sagen.
Erst im Kleinen und dann bei größeren Themen; Schritt für Schritt. Steter Tropfen höhlt den Stein. Oder anders ausgedrückt:
Auch wenn es dann irgendwann vielleicht weh tut, diesen einen Job oder diese bestimmte Rolle nicht zu bekommen, müssen wir Nein sagen zum Machtmissbrauch unseres zukünftigen Chefs. Stell Dir nur einmal vor, wie das tägliche Arbeiten aussehen würde, wenn Du Dich auf diese Weise schon zu Beginn erpressbar machen würdest…
Starke Frauen!
Der Internationale Frauentag kann als Anlass dienen, sich daran zu erinnern, wer wir sind und als was wir wahrgenommenn und akzeptiert werden wollen: als gleichberechtigte, starke Frauen.
Übrigens: damals warf meine Freundin dem Kerl die Klamotten vor die Füße und brach den Kontakt zu diesem feinen Herrn ab.
Fazit: Ein klares „Nein“ setzt Grenzen und stärkt das Selbstvertrauen!
Fotos: Pixabay